Interview mit Monika Werner
Wer den Franziskusweg schon mal gegangen ist, hat einiges über den Sonnengesang erfahren und hoffentlich auch die einzigartigen Skulpturen bewundert, die dort in der Natur stehen. Wir, die Freiwilligendienstler des Schullandheims Thüringer Hütte, durften auch den Weg mit seinen Stationen näher kennen lernen und dabei tauchte die Frage auf, wie es eigentlich zu der Idee des Franziskusweges gekommen ist. Da wir mit Sicherheit nicht die einzigen sind, die das interessiert, haben wir Monika Werner, die die Mitinitiatorin und die aktuell Vorsitzende des Vereins der Freunde des Franziskusweges ist, getroffen, um den Ursprung und die Entwicklung des Weges zu erfahren. Daraus hat sich das folgende Interview entwickelt:
Ein Franziskusweg in der Rhön. Wenn wir an Franziskus denken, verbinden wir das mehr mit Italien als mit der Rhön. Wie ist die Idee zum Franziskusweg vor der Haustür entstanden?
Tatsächlich stammt die Idee zum Weg aus einem privaten Urlaub in Südtirol, wo mein Mann und ich den dortigen Franziskusweg im Reintal, einem Seitental des Tauferer-Ahrntales, gegangen sind. Mit der Inspiration aus Italien fragten wir uns, ob man nicht auch einen Franziskusweg bei uns in der Rhön schaffen könnte. Aber wo? Schnell waren wir uns einig: Ein Franziskusweg in der Nähe der Thüringer Hütte würde das Angebot des dortigen Schullandheims abrunden. Da gibt es bisher das kopflastige und für kleinere Grundschüler oft zu schwere Thema Energieexperimente, daneben für die Jüngeren den Sinnespark mit Stationen zum Sehen, Hören und Fühlen. Mit dem Franziskusweg würden wir, um den Menschen in seiner Ganzheit anzusprechen, ein spirituelles Angebot machen, und zwar für alle Altersgruppen.
Es war aber bestimmt ein langer Weg von der Idee bis zur Umsetzung des Weges...
Nachdem wir die Genehmigung für den Weg bekommen hatten, stand bis zur Eröffnung noch vieles auf dem Programm. Glücklicherweise gab es den Rundweg, der heute den Franziskusweg bildet, schon vorher. Den Kern des Weges sollten Skulpturen von Schülern der Holzbildhauerschule in Bischofsheim bilden. Die damals zweite Klasse nahm dies zusammen mit ihrem Lehrer als Projekt in Angriff. Da jeder einzelne Entwurf der Schüler zu den einzelnen Strophen des Sonnengesangs so tiefgründig durchdacht und umgesetzt war, hatte sich die „Jury“ schließlich für alle Skulpturen entschieden, so dass nun manche Stationen mit zwei Skulpturen ausgestattet sind. Um den Weg zu finanzieren, mussten allerdings erst einmal Sponsoren gefunden werden. Denn es galt, außer der Kunst, die Standorte vorzubereiten, um diese dort einzubringen, und auch die Franziskuskapelle mit dem Glastau und den dort befindlichen Objekten musste noch errichtet werden. Schließlich wurde, nachdem zuletzt der Turm der Gestirne fertiggestellt war, der Franziskusweg im Mai 2007 gesegnet und eröffnet.
Wie haben sich die Künstler mit Franziskus auseinandergesetzt?
Als das Projekt den Schülern der Holzbildhauerschule vorgestellt wurde, stellten wir fest, dass die meisten von ihnen weder religiös waren, noch war ihnen der hl. Franziskus bekannt. Daher unterrichtete ein Pastoralreferent aus unserem Dekanat die Künstler zunächst einmal über Franz von Assisi und seine Gedanken, bevor diese mit ihren Entwürfen begannen. Alle Skulpturen stellen eine persönliche und sehr in die Tiefe gehende Interpretation der Künstlerin oder des Künstlers zur jeweiligen Strophe des Sonnengesangs dar.
Was wir uns noch fragen, ist, ob es sich bei dem Franziskusweg um einen oder zwei Wege handelt. Schließlich gibt es den Weg mit den Skulpturen zum „Sonnengesang“ und dann noch die Lesetafeln mit dem „Lebensweg“.
Ich würde das Ganze als einen Weg bezeichnen, auch wenn er tatsächlich mit zweierlei Schwerpunkten begangen werden kann. Da gibt es zum einen den Weg zum Sonnengesang und zum anderen sind sieben Texttafeln eingearbeitet, die wir als Lebensweg bezeichnet haben.
Die Idee, diesen zweiten Weg einzubringen, war, die Wanderer, denen der hl. Franziskus fremd ist, dort abzuholen, wo sie stehen und ihnen anhand vertrauter Gegebenheiten ihres Alltags das Gedankengut des Heiligen aus Assisi näherzubringen. Dabei hatten wir den Einfall, uns an Situationen aus dem Verkehr wie zum Beispiel „Ich bin unterwegs“, „Weg von der Überholspur“ oder „Die Kreuzung“ zu orientieren, denn diese sind jedem bekannt. Auch Franziskus stand, so wie wir alle, in seinem Leben immer wieder an Kreuzungen, wo es galt, eine Entscheidung zu treffen. Und auch das kennen wir alle: Jede Entscheidung, die wir treffen, verlangt ein Ziel.
Beim Weg zum Sonnengesang finden sich an den Skulpturen nur die dazugehörige Strophe und ein paar Impulsgedanken, damit sich der Betrachter persönlich mit dem Kunstwerk auseinandersetzen kann.
Uns ist auch aufgefallen, dass die Stationen nicht in der Reihenfolge des Sonnengesangs stehen. Was hat es mit dieser Anordnung auf sich?
Der Plan bei der Anordnung war, die natürlichen Gegebenheiten so gut wie möglich zu nutzen. Außerdem ist es auch logischer, eine Station wie Schwester Wasser am Bachlauf zu errichten, als mitten auf der Wiese. Bei der Station Mutter Erde haben wir eine kleine freie Fläche in einem Buchenwald gefunden. Mich erinnert der Ort immer an einen Dom mit den Ästen, die vor dem Himmel ein Gewölbe formen. Es war von Anfang an klar, dass die Station Schwester Sonne auf einer Lichtung sein muss, damit unsere Sonne ein Teil der Skulptur wird. Aber wir haben uns auch die frühere Nutzung des Gebietes als Basaltsteinbruch zu nutzen gemacht. So steht die Station Bruder Feuer vor einem ehemaligen Dynamitlager. Die Brücke über den Bach war als Symbol für die Station Frieden prädestiniert. „Bruder Mond und Geschwister Sterne“ haben in einem bereits vorhandenen Turm Platz gefunden.
Es gibt auch noch den Verein zum Franziskusweg. Welche Aufgaben hat denn dieser Verein?
Der Verein wurde am 31.01.2007 gegründet und hat sich als Hauptaufgaben die Pflege und Belebung des Weges vorgenommen. Dabei ist es uns wichtig, dass immer ein Geistlicher in der Vorstandschaft ist, der uns spirituell begleitet. Auch die Verbindung zum Franziskanerkloster am Kreuzberg ist uns ein Anliegen. Um den Weg zu beleben, entwickeln wir zur Zeit neue Angebote, wie eine interaktive Wanderung mithilfe von QR-Codes. Gleichzeitig soll eine DVD entstehen, um den Menschen, denen ein Besuch aus gesundheitlichen oder Altersgründen nicht mehr möglich ist, den Weg ebenfalls näherzubringen. Auch konnten wir den Weg 2017 zum 10-jährigen Jubiläum um eine weitere Skulptur erweitern, wofür wir der Holzbildhauer-schule und dem Künstler dankbar sind. Des Weiteren veranstalten wir einmal im Jahr einen Open-Air-Gottesdienst, der die Natur, die Franziskus im Sonnengesang preist, und die Bewahrung der Schöpfung ins Zentrum stellt. Und nicht zuletzt sind Führungen über den Franziskusweg ein großer Teil unserer Tätigkeiten. Der Verein konnte erst im vergangenen Jahr viele neue Führer bei einem Seminar im Schullandheim Thüringer Hütte ausbilden. Daneben gibt es einige Personen, die sich um die Pflege des Weges kümmern. Allen Mitgliedern im Vorstand, allen Wegpflegern und Wegbegleitern gilt mein ganz besonderer Dank sowie natürlich auch all den Menschen, die durch ihre Unterstützung als zahlende Mitglieder dafür sorgen, dass der Weg unterhalten werden kann.
Wie oft gibt es eigentlich Führungen auf dem Franziskusweg?
Wir bieten von Frühjahr bis Herbst, immer am ersten Sonntag des Monats um 13:30 Uhr, eine öffentliche kostenlose Führung über den Franziskusweg an. Auf Anfrage begleiten wir gerne auch angemeldete Gruppen, sei es z. B. bei einem Betriebsausflug oder beim Ausflug eines Frauenbundes. Außerdem gibt es viele ehemalige Teilnehmer an Führungen, die inzwischen als Multiplikatoren wirken und ihre eigenen kleinen Gruppen begleiten. Manche Gäste gehen auch auf eigene Faust über den Weg, sodass besonders bei gutem Wetter immer ein reges Treiben herrscht. Für die Menschen, die allein unterwegs sein wollen, gibt es z. B. im Gasthaus Thüringer Hütte die Bücher „Atem-Wege“ und für Kinder „Kleine Atem-Wege“ zu kaufen, die noch einmal vertiefte Impulse setzen.